Kurz nach der Jahrhundertwende, als die gute, alte Postkutsche so langsam ausgedient hatte, führte die Deutsche Reichspost die „Kraftpost“ ein. Gemeint war damit der kombinierte Personen- und Güterverkehr mit Omnibussen.
Zunächst waren die Haltestellenschilder noch gelb-schwarz. Ab den 30er Jahren wechselte man dann zu den Reichsfarben schwarz, weiß und rot.
Nach 1945 verschwanden die Schilder nach und nach, die meisten davon für immer. Einige wenige fanden eine Zweitverwendung als Schneeschieber, als Zaunflicken oder sonstiges Bastelmaterial.
Genau durch eine solche Zweitverwendung hat das vorliegende Schild überlebt: Es diente als Abdeckung in einer Räucherkammer. Im Laufe der Jahre war es mit solch einer dicken Schicht Teer, Rost und Schmutz überzogen worden, daß es auf den ersten Blick gar nicht als Emailschild zu erkennen war. Deshalb flog es beim Sanieren des alten Hauses zunächst mit auf den Schutt und wurde in letzter Minute entdeckt und gerettet.
Zur Restaurierung mußte deshalb zunächst vorsichtig die dicke Kruste aus Teer, Schmutz und Mörtelspritzern entfernt werden. Darunter erwies sich der Gesamtzustand der Emaille als vergleichsweise gut. Hauptsächlich im Bereich der Befestigungslöcher gab es größere Fehlstellen. Ansonsten war die Oberfläche stark verkratzt und mit Rost gefüllt. Davon abgesehen saß das Material noch fest auf dem Blech und wies nur wenige Biegerisse auf.
Zielstellung der Arbeiten war eine behutsame Restaurierung unter größtmöglichem Erhalt der Originalsubstanz. Daher wurde der grobe Rost an den Fehlstellen manuell entfernt. Anschließend löste ich den Rost aus der Emailoberfläche und verbleibenden Rost von den Fehlstellen chemisch heraus und neutralisierte alles gründlich. Nun waren noch einige vorsichtige Richtarbeiten zu erledigen und alles konnte konserviert werden. Hierzu wählte ich eine vernetzende, pflanzliche Ölrezeptur, mit der ich sehr gute Erfahrungen gemacht habe und die keine klebrige Oberfläche hinterläßt.
So wurde aus dem vergessenen Schild wieder ein Ausstellungsstück.