Für kleine, präzise Arbeiten habe ich ja seit langem eine Abkantbank in Tischgröße, sogar mit teilbarem Niederhalter, so dass ich damit ggf. auch Boxen kanten kann, wie zum Beispiel dieses Verstärkerchassis. Selbst meinen kompletten Bus habe ich nur mit Hilfe dieser Kantbank geklempnert.
Leider sind 600mm Arbeitsbreite und die Fähigkeit, Stahl nur bis 1mm verarbeiten zu können, nicht ausreichend. Immer wieder muss ich auch dickeres Material und vor allem größere Breiten verarbeiten. Also musste dringend ein „amtliches“ Modell her.
Dummerweise sind solche Kantbänke buchstäblich Goldstaub: schwer zu finden und unglaublich teuer. Dazu kommt, dass viele neue Geräte, die angeboten werden, oft schon auf den Bildern zweifelhaft wirken. Sympathisch wäre mir das gusseiserne Vorkriegsmodell gewesen, aber wie gesagt: nicht zu finden. Zeitgemäß verwendet man heute sowieso hydraulische Abkantpressen, aber die liegen in der Preiskategorie eines Kleinwagens.
Also war ein Eigenbau wieder einmal die sinnvollste Variante.
Im Metalllager staubten seit Jahren noch Reste alter Eisenträger herum, die mir immer zu schade zum Weggeben waren. Manche sind offensichtlich sehr alt und können durchaus aus der Zeit des ersten Weltkrieges stammen. Genau das Richtige zum Verwursten.
Die beim Abkanten wirkenden Hebelkräfte sind enorm. Deshalb verwendete ich für die Auflage und den Schwenkhebel 200er U-Träger, die trotzdem allein nicht in der Lage waren, die Kräfte aufzunehmen. Doch dazu später.
Besonders belastet ist der Niederhalter. Zunächst wirken beim Kanten starke Biegekräfte nach oben, die sich mit fortschreitender Kantung immer mehr nach hinten richten. Aus diesem Grund wählte ich zwei parallel verschweißte 160er Doppel-T-Träger, an die ich unten nochmal eine 2020 mm lange, gehärtete Schürfleiste aus dem Ersatzteilhandel für Radlader schraubte.
Damit man das Blech beim Ausrichten bewegen kann, wurde der Niederhalter auf Federn gestellt. Gehalten wird er durch 2 Stück 16er Gewindestangen, die auch entfernbar sind, damit der Niederhalter abnehmbar bleibt, wie es beim Kanten bestimmter Boxen notwendig ist.
Um eine saubere Kantung hinzubekommen ist es sehr wichtig, dass die Schwenkachse exakt an der Kante der Träger verläuft, so dass ich auf der Drehbank zwei kräftige Scharniere mit 25 mm Innendurchmesser anfertigte, die fast spielfrei liefen. Schmierkanäle und Schmiernippel wurden auch vorgesehen. Alles wurde sauber eingepasst und ausgerichtet, dann angepunktet. Kurzer Test: geht super! Ganz durchgeschweißt: bombenfest! Keine Gewalt und kein Fett der Welt brachten die Sache dazu, sich bewegen zu lassen. Wenige Zehntel Millimeter Schweißverzug hatten ausgereicht, alles zu verkanten. Mist, daran hätte ich denken können!
Also musste eine Scharnierlösung gefunden werden, die genau ist, aber eine leichte Desachsierung der beiden Enden zulässt. Am Ende fertigte ich zwei ca. 70 mm dicke Scharnierstifte aus Stahl an und verwendete als Gegenstück 20 mm dicke Stahlplatten. Auch hier wurden strategische Schmierstellen und ein Spiel von 0,15 mm vorgesehen. Diesmal funktionierte es auf Anhieb.
Beim Testen stellte sich heraus, dass sich der Träger unter dem Niederhalter beim Kanten durchbog, weshalb ich von unten noch eine Dreieckskonstruktion anschweißte, die mittels einer 16er Mutter auf Spannung zu bringen ist. Das klappt gut.
Auch der schwenkbare Träger bog sich, obwohl auf hoher Kante belastet, etwas durch. Hier half es, den Handgriff so zu gestalten, dass er die Biegekräfte aufnimmt und in Richtung der Enden des Trägers ausleitet.
Mangels Alternativen kaufte ich vor einiger Zeit mal im Baumarkt eine große Dose Hammerschlaglack in einer Farbe, die den Genossen Tschitscherin vermutlich deutlich mehr gefallen hätte als mir. Das Zeug musste nun als Schutzlackierung herhalten.
Inzwischen habe ich schon viele Werkstücke mit der Kantbank hergestellt und bin recht zufrieden. Millimeterblech geht in voller Breite super. Bei zwei Millimetern muss ein größerer Biegeradius gewählt werden, weil die Kräfte sonst von Hand nicht mehr aufzubringen sind. Mich stört noch ein wenig, dass die Kanten schärfer sein könnten. Das liegt daran, dass die Schürfleiste vorn etwas abgerundet ist. Demnächst fertige ich mir mal eine Hilfsvorrichtung, mit der ich die Kante scharf schleifen kann.