Nachdem ich im vorigen Jahr Bruder Tobi von den Hoinerfakkass mal meine zweite (eigentlich dritte) Kanistergitarre „The BluesII“ antesten ließ, war dieser zu meiner Überraschung davon angetan und wünschte sich prompt auch so ein Teil.
Natürlich nahm ich die Herausforderung an und konzipierte nach seinen Wünschen wieder eine Kanistergitarre mit einigen technischen Abweichungen vom Vorgängermodell. So mußte unter anderem der Saitenhalter so konstruiert werden, daß sich gerissene Saiten möglichst schnell und unkompliziert wechseln lassen und die Griffbrettbreite auf ein bei E- Gitarren eher übliches Maß reduziert werden. Beim Vorgängermodell, welches ich für mich selbst gebaut habe, wählte ich noch Griffbrettmaße, wie sie eher bei akustischen Gitarren üblich sind, damit ich mit meinen großen Flossen besser greifen kann.
Als Erstes wurde wieder geeignetes Holz für den Hals selektiert. Meine Uralt- Eichenbohle lieferte wieder ein paar Leisten mit günstigem Faserverlauf und damit das Ganze nicht zu steif und schwer wird, kamen abwechselnd Streifen aus Wildkirsche dazwischen. Für die Kontraste legte ich noch 2 Streifen Mahagonifurnier und einen Streifen Mooreiche dazwischen.
Nachdem nun die Breite des Halses und die Mensurlänge festgelegt waren, konnte mit dem Ausschneiden des Kanisters begonnen werden. Wieder entschied ich mich für einen durchgehenden Hals und 2 splitbare Humbucker, welche ohne die üblichen breiten Blendrahmen direkt in die Ausschnitte montiert werden sollten.
Um später gut an die Technik herankommen zu können schnitt ich die gesamte Rückseite des Kanisters heraus und lötete mit der offenen Flamme einen umlaufenden Streifen verzinkten Stahlbleches als Auflage ein. Das gelang so vorsichtig, daß sogar der Lack des Kanisters kaum in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Entsprechend meiner Recyclingmentalität stammt das Blech übrigens aus der Rückwand meines alten Geschirrspülers. 😀
Etwas grübeln mußte ich bei der Konstruktion des Saitenhalters. Wie ließ sich optisch halbwegs ansprechend ein Saiten- und Haslshalter bauen, der ein möglichst schnelles Wechseln der Saiten ermöglicht?
Die Lösung brachte wieder einmal ein intensiver Tauchgang in meinem Messykabinett. Es fand sich eine halbe Messingtürklinke aus der Gründerzeit. Zwei Löcher in die Verzierungen sorgen mit 2 Schrauben und einem entsprechenden Gegenstück für ordentlichen Halt und in eine verdeckte Fräsung auf der Rückseite lötete ich einen gelochten Streifen Messingblech für die Saiten ein.
Irgendwie stören mich die häßlichen und meist nicht besonders gut kaschierten Löcher für die Halsstabeinstellung an den Kopfplatten der meisten E- Gitarren. Deshalb sitzt bei diesem Modell der Halsstab „verkehrt herum“ und wird mit einem 8er Maulschlüssel im Technikfach eingestellt. Die Wirkung des Halsstabes ist gut und ich werde diese Bauweise wohl in Zukunft beibehalten.
Mein herzlicher Dank gilt meinem Arbeitskollegen Nikolai, der mir freundlicherweise einen ganzen Packen alter Stegbohlen aus Bongossiholz überlassen hat. Bereits 3mm unter der Oberfläche ist das Holz kerngesund und liefert mir Material für die Griffbretter der nächsten Jahrzehnte. 😉 Das tropische Eisenholz hat eine enorme Festigkeit und läßt sich mit normalem Holzbearbeitungswerkzeug nur recht schwer bearbeiten. Meinen Dickenhobel habe ich extra rasiermesserscharf geschliffen und die 4mm Griffbtrettstärke in 1/10mm- Schritten erarbeitet.
Bevor da Mulden ins Griffbrett gerieben sind werden noch einige Hoinerfakkasskonzerte ins Land gehen…
Ich würde übrigens nie irgendwelche Tropenhölzer neu kaufen. Gerade Bongossi gilt als möglicherweise vom Aussterben bedroht. Daher sind solche Sachen bei mir grundsätzlich recycelt.
Da das Griffbrett ja am Ende trapezförmig ist, wird es sehr schwierig, die Bundschlitze winklig einzubringen. Deshalb und weil das Griffbrett beim Verleimen möglicherweise etwas wegschwimmen könnte habe ich es exakt parallel gehobelt und mit Übermaß aufgeleimt.
Erst dann wurde die Mensurlänge (647,7mm) eingemessen und die Position der Bünde festgelegt. Das Bundieren ist eine Aufgabe, die ich immer sehr ernst nehme. Zunächst wurde die Position der Bundstäbchen auf 3 Nachkommastellen ausgerechnet. Dann wurde mit einem scharfen Messer angerissen, wobei die zehntel Millimeter genau gemessen und die Hundertstel auf jeweils volle 5/100stel gerundet und geschätzt wurden. Geschätzt? Ja, das geht. Wenn man ein paar Jahre mit Metall arbeitet, lernt man, sowas zu sehen. 😉
Da der Bunddraht (hartes Neusilber mit 18% Nickel) eine Fußbreite von 0,6mm hat, schnitt ich die Schlitze mit einer 0,55mm breiten selbstgebastelten Säge zu und preßte die Bünde mit einem winzigen Bißchen verdünntem Flugzeugepoxid ein. Zu meiner großen Freude gelang das wieder so gut, daß kein einziger Bund abgerichtet werden mußte.
Nun wurde der Sattel aus Messing gefeilt und poliert. Auch wenn dieses Material eigentlich ziemlich unüblich ist bleibe ich dabei: Es ist sehr verschleißfest, genau bearbeitbar und der Klang ist gut. Manche Gitarrenbauer bemängeln eine zu große Härte und daraus folgend einen zu „sterilen“ Klang, was ich für reines Voodoo halte. Die „Wärme“ des Gitarrenklanges kommt von der Interaktion der Saitenspannung mit der Elastizität und Masse des Halses und nicht davon, wie stark ein schmaler Streifen Knochen, Messing oder Plaste zusammengedrückt wird.
Zumindest ich konnte noch nicht einmal einen meßtechnischen Unterschied feststellen.
Nun folgte noch das Fertigbearbeiten der Oberflächen, Versiegelung mit meiner Bienenwachsmixtur, die Installation der Mechaniken und die elektrische Verkabelung. Für die Beschaltung der beiden splitbaren Humbucker von Artec, von deren Klang ich übrigens sehr begeistert bin, wählte ich wieder einen originalen Fender Super Switch und folgende Konstellation:
Pos.1: Bridge Abnehmer als Humbucker
Pos.2: Bridge als Single Coil
Pos.3: Bridge und Neck parallel als Humbucker
Pos.4: Neck als Single Coil
Pos.5: Neck als Humbucker
Dazu kam noch ein linearer 500k- Poti zur Anpassung des Pegels sowie die Klinkenbuchse wieder im Deckel des Einfüllstutzens.
Damit erreicht man ein sehr breites Klangspektrum von warm-weich bis messerscharf-obertonlastig.
Nach den letzten Einstellarbeiten wurde das Gerät dann beim Hoinerfest 2015 an den Künstler übergeben und feierlich eingeweiht. Noch vor Ort wurde schnell der Tragegurt (Deutsche Bahn, 2,3t) angepaßt.
Es stellte sich heraus, daß die Saitenlage noch etwas tiefer eingestellt und die Sattelkerben etwas vertieft werden müssen. Bei der Gelegenheit breche ich noch etwas die Kanten der Bundstäbchen, die ich vorsichtshalber zunächst rechtwinklig gelassen habe.
Nun, das ist kein Problem und wird demnächst bei einer gemeinsamen Tasse Bier erledigt.